Der gute Sinn des Coronavirus

Woher kommt das Virus, das die Welt in Atem hält? Es gibt viele Ansichten dazu, einschließlich Verschwörungstheorien und gegenseitiger Beschuldigungen. Viele sehen in dem Virus eine Strafe Gottes. Im Grunde spielt es gar keine Rolle, woher das Virus kommt. Auf jeden Fall kommt es nicht von Gott. Gott liebt die Menschen und möchte, dass sie glücklich sind.
Aber er versieht ihn aus Liebe zu uns mit gutem Sinn. Oder weltanschaulich neutral: In allem, was geschieht, liegt auch immer etwas Gutes. Letztendlich ist nichts gut oder schlecht. Es ist wie es ist. Erst unser Denken darüber macht es zu etwas Gutem oder Schlechtem. Der Weg zum Glück liegt in der Erkenntnis des guten Sinnes von allem, was geschieht.

Man kann auch in objektiv Schlechtem einen Sinn erkennen. Voraussetzung dafür ist, dass man das, was geschieht, nicht vorschnell emotional bewertet. Die Fähigkeit, Dinge zu bewerten, ist wichtig in unserem Leben. Aber gerade in Krisenzeiten ist es sinnvoll, Dinge nicht zu bewerten. Wenn man die Dinge nicht bewertet, wenn man nicht jammert und das Schicksal beklagt, spart man Energie. Diese Kraft steht einem dann zur Verfügung, um ggf. zu handeln. Und man entdeckt einen guten Sinn in dem Geschehen. Für jeden Menschen lohnt es sich, über diesen guten Sinn nachzudenken. Es wird viele unterschiedliche Möglichkeiten geben, einen Sinn in allem zu erkennen. Je nachdem, was wir für Kenntnisse und Fähigkeiten haben und was für Aufgaben in unserer Gesellschaft, sieht dieser Sinn sehr unterschiedlich aus. Was immer wir für Seiten dieses Sinns entdecken, sie haben eines gemeinsam: alle haben etwas mit Verbundenheit zu tun.

Diese Verbundenheit entsteht, wenn wir uns einer alles umfassenden, allgemeinen Liebe bewusst sind. Oder allgemein: dem Guten an sich. Wenn jemand diese Liebe in sich hat, dann hat er eine Verbindung zu Gott, denn Gott ist Liebe. Dementsprechend werden seine Gedanken und Handlungen gut sein. Es ist kein Platz mehr für Angst, aus der wiederum Neid, Hass und alles andere Schlechte hervorgeht. Der Mensch gewinnt ein höheres Bewusstsein. Dieses Bewusstsein ist deshalb höher, weil es durchdrungen ist von Liebe. Man ist sich der Gegenwart Gottes bewusst. Und man fühlt sich mit anderen Menschen in besonderer Weise verbunden. Dieser Bewusstseinszustand führt zu echtem und dauerhaftem Glücklichsein. Aus diesem Glücklichsein entspringen Friede und Freude. Jegliche Gefühle entstehen aus Liebe oder aus Angst. Jeder Mensch ist frei, sich für das eine oder andere zu entscheiden.

Immer mehr Menschen weltweit erreichen diesen wunderbaren Bewusstseinszustand. Wenn eine gewisse Zahl bewusster Menschen erreicht ist, wird sich die Gesellschaft grundlegend ändern. Sie wird sich entwickeln. Sie wird nun ganz im 21. Jahrhundert ankommen. Dieses Jahrhundert wird gekennzeichnet sein von diesem Bewusstseinszustand, der von Liebe erfüllt und von Verbundenheit geprägt ist. Die gegenwärtige Krise ist eine Chance für uns, das gemeinsam zu erreichen. Sie betrifft fast die gesamte Menschheit. Aus diesem Grunde werden sich auch viele Menschen und Gesellschaften entwickeln.

Das Wort „Liebe“ hat natürlich sehr unterschiedliche Bedeutungen. Deshalb könnte das Wort für manche Menschen ungewohnt sein. Statt Liebe kann man auch Verbundenheit sagen. Das Verhältnis zwischen Menschen kann man als von Liebe geprägt bezeichnen, wenn eine gute Verbindung besteht. Das Griechische kennt drei Wörter für Liebe: Eros, die leidenschaftliche Liebe, Philia, die auf bestimmte Menschen gerichtete Liebe und Agape, die allgemeine, alles umfassende Liebe.

Diese Liebe ist es, die unsere Gesellschaft besonders braucht und derer wir uns in dieser Krise gerade zunehmend bewusst werden. Wenn wir diese Liebe in uns haben, denken wir gut voneinander und wir tun uns Gutes. Wir verbinden uns gern mit anderen. Wir entscheiden uns für die Liebe und nicht für die Angst. Die Solidarität, die so viele im Angesicht der Viruskrise zeigen, ist ein Zeichen für diese Verbundenheit. Und viele Menschen nehmen diese Solidarität wahr. Sie spüren, dass der räumliche Abstand dazu führt, dass man näher zusammenrückt. Die Verbindungen zueinander sind stärker geworden. So viele Menschen waren unglücklich geworden in den letzten Jahren. Sie fühlten sich als Verlierer der Globalisierung, zum Teil auch als Verlierer der deutschen Einheit und als Opfer wirtschaftlicher Zwänge. Die Schere zwischen Arm und Reich klaffte immer weiter auseinander. Die Erfordernisse des Marktes führten zu einem gnadenlosen Konkurrenzkampf, in dem es Gewinner und Verlierer gab, aber immer weniger glückliche Menschen. Der momentane Stillstand weiter Teile unserer Wirtschaft macht nun Vielen bewusst, dass eben nicht alles, was man als schlecht empfunden hat, alternativlos ist. Auch der hässliche Ton in den sozialen Medien sowie das Abwerten von anderen Menschen ist ein Kennzeichen für dieses Denken, das nicht zum Glück führt. Die Menschen waren ohnmächtig erstarrt im Angesicht der Erfordernisse immer währenden Wachstums, obwohl mittlerweile den meisten klar geworden ist, dass wir über unsere Verhältnisse leben auf der Suche nach Glücklichsein.

Letztendlich werden wir auch aus der Starre herausfinden, in die wir angesichts der menschengemachten Klimaerwärmung geraten sind. Zur Bewältigung der Klimakatastrophe wird es notwendig sein, die Art und Weise unseres Wirtschaftens zu verändern. Solches zu erkennen wird eine gute Folge der derzeitigen Krise sein. Zuerst brannte die Lunge der Erde, all die Wälder in Sibirien, Australien, Brasilien, überall in allen Erdteilen. Nun „brennen“ die Lungen der Menschen. Ebenfalls überall auf der Welt. Natürlich heißt das nicht, dass Menschen, die erkranken oder sterben, eine eigene Schuld tragen. Jeder Mensch hat die Aufgabe, für sich selbst den guten Sinn zu finden. Und alle Menschen, die leiden, haben Mitgefühl und Solidarität verdient. Global betrachtet lässt sich dieser gute Sinn bereits jetzt erkennen. Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Unglücklichsein der Menschen, ihren Selbstschädigungen (einschließlich Umweltzerstörungen) und dem Virus. Noch einmal: Es geht nicht um Schuld und auch nicht um kausale Zusammenhänge; die gibt es nicht. Es geht darum, aus der Krise zu lernen und einen guten Sinn für sich und die Gesellschaft zu erkennen.

Die Corona-Krise wird ein Wendepunkt sein in unserer globalen Gesellschaft. Die oben beschriebene allgemeine Liebe wird uns und unsere Politik verändern. Wir werden das Notwendige tun, um den Klimawandel aufzuhalten. Wir werden unseren Konsum und unsere Ernährung ändern sowie unsere Art zu wirtschaften. Wie immer dieser Wandel aussehen wird, wir werden miteinander über Konzepte wie Kreislaufwirtschaft, bedingungsloses Grundeinkommen, lebenslanges Lernen, Gemeinwohl-Ökonomie etc. sprechen. Wenn die Mehrheit unserer Gesellschaft es will, kann jede Entwicklung gut sein. Es lohnt sich wirklich sehr für uns, wenn wir uns auf diese Art entwickeln. Unsere Gesellschaft sieht doch schon lange, dass wir uns in eine Richtung bewegen, die nicht gut ist. Vielerlei Ängste sind dadurch entstanden: Angst vor Globalisierung, vor sozialem und wirtschaftlichem Abstieg, vor Terrorismus, Überfremdung, Manipulation durch Medien, Unternehmen und Politiker. Aber auch Angst vor Hass, Krieg, Umweltzerstörung, Klimawandel und Egoismus prägten die letzten Jahre. Covid-19 lehrt uns, dass all die Dinge, die uns in unserer Gesellschaft nicht gefallen oder vor denen wir uns sogar fürchten, keine Naturgesetze sind. Das Primat der Wirtschaft ist kein Naturgesetz, sondern eine Ideologie, die eine Zeit lang Gültigkeit für uns hatte. Das sich diese Ideologie überlebt hat, erkennen wir in dieser Krise zunehmend. Wir beginnen, dieses Denken des 20. Jahrhunderts infrage zu stellen. Es wird unsere Aufgabe sein, gemeinsam unsere Zukunft neu zu gestalten.

Diese Veränderung unserer Gesellschaft ist überfällig. Menschen, die bisher das Trennende in den Vordergrund gestellt haben, werden an Bedeutung verlieren. Nationalismus und Populismus leben von dem, was die Menschen voneinander trennt. Sie sind ein Ergebnis der beschriebenen Ängste. Sie werden in den Hintergrund gedrängt werden. Werte wie Wahrhaftigkeit und Mitgefühl werden wieder wichtig für uns. Natürlich werden die Kräfte eines ungeregelten Marktes und des bedingungslosen Vorranges der Wirtschaft Abwehrgefechte führen. Selbstverständlich werden sich nicht alle Menschen in gute Menschen verwandeln. Es wird viele geben, die nicht an diese guten Veränderungen glauben. Ich glaube zwar an das Gute im Menschen, aber ich stehe dennoch mit beiden Beinen auf der Erde. Wir müssen uns bewusst werden, dass nicht irgendwer für die Verwandlung unserer Gesellschaft verantwortlich ist, auch nicht die Politiker. Wir alle haben es selbst in der Hand.

„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“
-Mahatma Gandhi

Unsere Gesellschaft, ja die Menschheit als Ganzes, wird sich in weiten Teilen dem Guten zuwenden. Wir werden Solidarität mit anderen zeigen, mit europäischen Staaten, mit Afrika und anderen. Wir werden erkennen, dass Konsum und Reichtum uns nicht glücklich machen, sondern gute Verbindungen zu anderen Menschen. Und eine gute Verbindung zu Gott, sofern man an ihn glaubt – wobei es da eigentlich kaum einen Unterschied gibt. Immer mehr Menschen finden eine gute Verbindung zu sich selbst: Zu erkennen, durch welche guten Eigenschaften wir die Welt zu einem besseren Ort machen können, macht uns glücklich. Dabei erkennen wir auch, dass jeder Mensch aus sich selbst heraus wertvoll ist und dass unser Glücklichsein nicht abhängig ist von den Bewertungen durch andere. Wir werden erkennen, dass wir nur dann glücklich werden als Gesellschaft, wenn wir erreichen, dass es auch anderen Menschen gut geht, Menschen, die gegenwärtig in Armut, Not und Krieg leben müssen. Auch das wird eine große Aufgabe des 21. Jahrhunderts sein. Die Viruskrise ist ein Beschleuniger für die Entwicklung des Guten in der Welt. Sie markiert einen Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte.

Das Gute, das gekennzeichnet ist von der allgemeinen Liebe, ist wie ein Schmetterling, der lange Zeit als Puppe blind war und sich nun entpuppt hat. Er hat sich entwickelt. Noch ist er nicht bereit, zu fliegen, seine Freiheit zu genießen und sich von gutem Nektar zu nähren, sprich: zu leben. Zunächst müssen seine Flügel noch trocknen. Wir sind wie dieser Schmetterling: Wir waren lange Zeit wie gefangen, konnten das Leben und die Freiheit nicht genießen. Wir waren nicht glücklich. Nun aber entpuppen wir uns in dieser Krise. Wir erkennen, dass eine wunderbare Zukunft der Verbundenheit und Liebe vor uns liegt. Wir freuen uns auf die Zeit danach, wenn wir unsere Flügel ausbreiten und abheben in eine glückliche Zukunft. Wenn wir die Coronakrise überwunden haben, werden wir in diese neue und glückliche Zukunft starten. Beginnen werden wir durch Feste, wie wir sie lange nicht mehr gefeiert haben. Die Älteren werden sich erinnern an die Zeit des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg. Genau so werden wir die Zukunft gemeinsam anpacken. Es wird eine große Aufbruchstimmung herrschen. Wir werden uns bewusst berühren und umarmen. Das Händeschütteln zur Begrüßung wird vielleicht ein bewusstes Zeichen werden, dass man miteinander verbunden ist und einander vertraut. Geschäftsleute besiegeln ihre Geschäfte zunehmend wieder mit Handschlag; das würde ich begrüßen. Ich sehe wie sich Menschen versammeln, in den Kirchen, in den Vereinen, in den Schulen, in dörflichen Gemeinschaften und Unternehmen. Man wird gemeinsam Wege in diese glückliche Zukunft finden. Aber auch in unsereren Gärten, Parks und Wohnzimmern werden wir bewusst Gemeinschaft pflegen und feiern. Noch Jahrzehnte lang werden wir unseren Kindern und Enkeln von dieser Zeit erzählen, von der dunklen Zeit im Kokon, von dem Zeitpunkt, an dem wir dem Kokon entschlüpften und den erhebenden Augenblick, an dem wir uns frei in die Lüfte erhoben.

Vielleicht werden wir einen Feiertag benennen, an dem wir uns jährlich an den Tag erinnern, an dem wir zur Freiheit und zur Liebe erwacht sind. Diese Krise markiert den Übergang in ein neues Zeitalter der Menschheit. Diese neue Zeit wird geprägt sein von der allgemeinen, Welt umfassenden Verbundenheit der Menschen. Bereits in den letzten Jahren gab es viele, die diesen glücklichen Bewusstseinszustand erreicht haben und die andere mit ihrer Spiritualität begeistern und mitreißen. Seit etwa drei ahren bin ich von meiner Krebserkrankung genesen, litt aber noch bis 2019 an Nervenschmerzen, einer Nebenwirkung der Chemotherapie. In diesen zwei Jahren zwischen der Krankheit und der Wiedergewinnung meiner Erwerbsfähigkeit habe ich diesen glücklichen Bewusstseinszustand erleben und beobachten können. Ich lernte, warum ich glücklich war und wie ich dieses gute Gefühl bewahren kann. Seitdem fühle ich mich mit allen Menschen verbunden, und auch mit der Schöpfung. Ich änderte meinen Beruf. Als Coach darf ich dieses Wissen nun unmittelbar an Menschen weiter geben und sie in eine glückliche persönliche und berufliche Zukunft begleiten. Viele Menschen bezeichnen diesen Bewusstseinszustand als „erwacht“ oder „erleuchtet“. Ich mag diese Bezeichnungen nicht, weil man sich damit leicht über andere erhebt.

Ich bin nicht besser als jeder andere Mensch, aber auch nicht schlechter. Jeder Mensch ist gleichermaßen wertvoll. Ich bin ein Christ. Deshalb verwende ich oft christliche Sprache. Ich spreche lieber davon, dass mich Gott in seine Nähe zog. Ich wünsche allen, die diesen Text lesen, dass sie fühlen, dass sie sich auf dem Weg in eine glückliche Zukunft befinden. Das Ankommen selber ist dabei nicht wichtig. Der Weg ist das Ziel. Am Anfang steht die Selbsterkenntnis: Ich bin nicht meine Lebensrollen, meine Fähigkeiten und Leistungen. Mein Glücklichsein ist nicht abhängig von der Bewertung durch andere. Ich erkenne das Gute in mir und was mich ausmacht. Durch dieses wahre Selbst möchte ich die Welt zum Guten verändern. Und dieses wahre Selbst soll in allen meinen Lebensrollen sichtbar sein. Das ist ein Weg, der Weg, den ich gegangen bin und den ich versuche, anderen zu zeigen. Aber so unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind die Wege zum Glück für jeden einzelnen Menschen. Mögen dich diese Gedanken inspirieren. Mögest du deinen Weg zum Glück finden.

Gustedt, im März 2020